Mittwoch, 5. Dezember 2007

Osho über Sannyas

Osho über Sannyas:

Folgende Dinge mögen Hinweise sein -
Finger, die auf den Mond weisen:

1. Sei offen für Erfahrungen

Die Menschen sind gewöhnlich verschlossen, sie sind nicht offen für Erfahrung. Bevor sie irgendetwas erfahren, haben sie schon Vorurteile darüber. Sie wollen nicht experimentieren, sie wollen nicht forschen. Das ist schiere Dummheit! Die Welt verändert sich immerzu! Und der verschlossene Geist bleibt in der Vergangenheit stecken. Gott malt die Welt immer wieder von neuem, wieder und wieder. Und ihr schleppt eure alten, toten Ideologien weiter in euren Köpfen mit!

Ein Sannyasin wird nicht eher entscheiden, als bis er erfahren hat. Er hat keine Glaubenssysteme. Er wird nicht sagen: »Dies ist so, weil die Bibel es sagt.« Er wird nicht sagen: »Dies ist so, weil Buddha es sagt.« Er wird sagen: »Ich werde da reingehen und nachschauen, ob es so ist oder nicht.« Ein Sannyasin wird nicht viele Überzeugungen mitführen. Genauer gesagt: keine. Er wird nur seine eigenen Erfahrungen mitführen. Und das Schöne an einer Erfahrung ist, dass die Erfahrung immer offen ist; denn für sie ist weiteres Nachforschen möglich, während ein Glaube immer schon abgeschlossen, beim Schluss-Strich angelangt ist. Offenheit heißt Nichtdenken. Offenheit heißt, du lässt deine Gedanken beiseite und bist bereit, dir das Leben immer wieder aufs Neue anzusehen. Nicht mit den alten Augen. Wenn du durch das Nichtdenken schaust, ist deine Wahrnehmung intakt, denn dann siehst du das, was ist. Und Wahrheit befreit; alles andere erzeugt eine Fessel. In solchen Momenten des Nichtdenkens beginnt die Wahrheit zu dir durchzusickern wie Licht. Je mehr du dieses Licht, diese Wahrheit genießt, desto mehr wirst du fähig und mutig, deine Gedanken fallen zu lassen. Früher oder später kommt ein Tag, wo du hinschaust, und du hast keine Gedanken. Du hältst nicht nach etwas Ausschau, du schaust einfach nur. Dein Schauen ist rein. Der Sannyasin lebt eine Offenheit allem gegenüber.

2. Lebe existentiell

Er lebt nicht aus Vorstellungen heraus - dass man so oder so sein sollte, dass man sich so benehmen sollte, aber nicht so benehmen sollte … Er lebt nicht aus Vorstellungen. Er lässt sich auf die Existenz ein - er geht mit seinem ganzen Herzen auf das ein, was jeweils anliegt. Sein Dasein ist hier und jetzt. Spontaneität, Einfachheit, Natürlichkeit - das sind seine Eigenschaften. Er lebt kein vorgefertigtes Leben. Er lässt das Leben machen; wo immer es hinführt, da geht er mit. Ein Sannyasin ist kein Schwimmer, und er versucht nicht, flussaufwärts zu schwimmen. Er geht mit dem Ganzen, er treibt mit dem Strom. Er treibt so total mit dem Strom, dass er nach und nach nicht mehr vom Strom zu trennen ist: Er wird zum Strom. Er bringt keine Wertungen mit, er ist nicht urteilend. Existentielles Leben heißt: Jeder Moment muss für sich entscheiden. Das Leben kommt in Atomen - du entscheidest nicht vorweg. Du probst nicht. Du bereitest nicht vor, wie du leben sollst. Jeder Moment kommt, bringt eine Situation, und du bist da, gehst auf sie ein - du lässt dich darauf ein.

3. Vertraue deinem Herzen

Der Sannyasin vertraut seinem eigenen Organismus - Körper, Geist, Seele, alle sind einbeschlossen. Wenn ihm nach Liebe zumute ist, überlässt er sich dem Strom der Liebe. Wenn ihm nicht nach Liebe zumute ist, sagt er: »Tut mir leid.« Aber er täuscht nie etwas vor.

Wenn dir nicht nach Lieben zumute ist, musst du es sagen. Es ist nicht nötig, etwas vorzumachen. Wenn du dich wütend fühlst, musst du es sagen. Du musst deinem Organismus treu bleiben, du musst deinem Organismus trauen. Und du wirst überrascht sein: Je mehr du vertraust, desto mehr wird dir die Weisheit des Organismus klar - klipp und klar.

Lerne allmählich, auf deinen Körper zu hören, denn es ist dein Körper, du bist in ihm, du musst ihn respektieren. Und du musst ihm vertrauen - er ist dein Tempel. Es ist gotteslästerlich, deinem Körper etwas aufzuzwingen. Kein Motiv darf es rechtfertigen, ihm etwas aufzuzwingen. Und das wird dich nicht nur das Vertrauen in deinen Körper lehren, es wird dich auch lehren, der Existenz zu vertrauen, denn der Körper ist Teil der Existenz. Dann wird dein Vertrauen zunehmen, und du wirst den Bäumen vertrauen und den Sternen und dem Mond und der Sonne und den Meeren - du wirst den Menschen vertrauen! Aber der Anfang des Vertrauens muss das Vertrauen in deinen eigenen Organismus sein. Vertraue deinem Herzen.

Es schenkt dir ein generelles Akzeptieren - deiner selbst und anderer, es schenkt dir eine gewisse Verwurzelung, Standhaftigkeit. Und dann ist eine große Stärke und Macht da, denn dann ruhst du in deinem eigenen Körper, in deinem eigenen Wesen. Du hast Wurzeln im Boden. Überall seht ihr entwurzelte Menschen - Bäume, die aus dem Boden gerissen wurden. Sie sterben langsam, sie leben nicht. Darum gibt es so wenig Freude im Leben, ist das Element des Lachens so wenig zu sehen, fehlt das Feiern. Und selbst wenn die Leute feiern - selbst dann ist es unecht. Das Feiern muss zuerst in eurem eigenen Zuhause, in unmittelbarster Nähe stattfinden. Dann wird eine große Springflut daraus und verbreitet sich über die gesamte Existenz.

4. Achte die Freiheit

Ein Sannyasin ist nicht nur frei, er ist Freiheit. Freiheit heißt nicht Zügellosigkeit. Zügellosigkeit ist nur eine Reaktion auf Sklaverei, so dass man ins andere Extrem fällt. Freiheit ist nicht das andere Extrem, sie ist nicht Reaktion. Freiheit ist eine Erkenntnis, nämlich: »Ich muss frei sein, wenn ich schon sein muss. Anders ist es unmöglich zu sein.«

Freiheit ist nicht sehr angenehm, sie ist nicht sehr bequem. Sie ist riskant. Ein Sannyasin wagt dieses Risiko. Was nicht heißt, daß er mit jedem und allen ständig Streit hat, was nicht heißt, dass er, wenn das Gesetz vorschreibt: »Fahrt rechts« oder »Fahrt links«, dagegen angeht. Nein, Belanglosigkeiten sind ihm egal. Wenn das Gesetz sagt, fahr links, fährt er links. Es ist keine Unterdrückung. Aber wenn es um das Wesentliche geht ... Wenn der Vater sagt: »Heirate diese Frau, denn sie ist reich, und das bringt viel Geld!«, dann sagt er »Nein. Wie kann ich eine Frau heiraten, wenn ich sie nicht liebe?«

Weil der Sannyasin die Freiheit achtet, wird er auch die Freiheit anderer achten. Er wird sich niemals in die Freiheit eines anderen einmischen, egal wer dieser andere ist. Wenn deine Frau sich in einen anderen verliebt hat, dann magst du dich verletzt fühlen und weinen, aber das ist dein Problem. Du wirst sie in Ruhe lassen. Du wirst nicht sagen: »Schluss damit, denn ich leide!« Du wirst sagen: »Das ist deine Freiheit. Wenn ich leide ist das mein Problem, ich muss damit fertigwerden.« Liebe empfindet eine solche Achtung, dass sie Freiheit gewährt. Wenn Liebe keine Freiheit gewährt, ist es nicht Liebe, sondern etwas anderes.

Das Gefühl der Freiheit schenkt dem Sannyasin Individualität. Er weiß, wer er ist. Er hört nie auf, sein Gespür für das, was er ist, zu vertiefen. Er macht nie Kompromisse. Ein Sannyasin ist rebellisch. Mit Rebellion meine ich: Seine Sehweise ist absolut anders. Er funktioniert nicht nach der gleichen Logik, nach der gleichen Struktur, im gleichen System. Er ist nicht gegen das System - denn wenn du gegen ein bestimmtes System bist, dann musst du ein anderes System erfinden, um gegen es anzukämpfen. Und alle Systeme sind sich gleich. Ein Sannyasin ist einer, der einfach herausgeschlüpft ist. Er ist nicht gegen das System, er hat die Dummheit aller Systeme verstanden, hat die Idiotie aller Systeme durchschaut und ist entschlüpft. Er ist rebellisch.

5. Sei schöpferisch

Meine Vorstellung vom Sannyasin ist, dass seine Energie schöpferisch sein wird, dass er ein bisschen mehr Schönheit in die Welt hineintragen wird, dass er ein bisschen mehr Freude in die Welt hineintragen wird, dass er neue Wege finden wird, wie man sich dem Tanz, dem Gesang, der Musik hingibt, dass er ein paar schöne Gedichte mitbringt. Er wird etwas erschaffen, er wird nicht unschöpferisch sein. Er sollte etwas beitragen!
Unschöpferisch zu bleiben ist geradezu Sünde. Schließlich existierst du - und du steuerst nichts bei? Du isst, du nimmst Platz weg - und steuerst nichts bei? Meine Sannyasins müssen Schöpfer sein. Wenn du tief ins Schöpferische gehst, bist du Gott nahe. Gott ist der Schöpfer, und wenn du nicht auch Schöpfer bist, wirst du weit von Gott entfernt sein.

6. Lass Lachen in dein Leben

Mein Sannyas ist ein Öffnen, eine Reise, ein Tanz, ein Liebesabenteuer mit dem Unbekannten, eine Romanze mit der Existenz selber, auf der Suche nach einer orgasmischen Beziehung mit dem Ganzen. Alle Programme haben versagt! Sannyas ist kein Programm mehr; es ist ein Forschen, kein Programm. Wenn du ein Sannyasin wirst, initiiere ich dich in die Freiheit und in sonst nichts.

Der neue Sannyasin muss mehr und mehr Lachen in sein Dasein bringen. Euer Tempel sollte voller Freude und Lachen und Tanz sein. Für mich ist das Lachen eine religiöse Eigenschaft - sehr wesentlich. Es muss zur inneren Welt eines Sannyasins dazugehören: ein Sinn für Humor.

7. Genieße das Alleinsein

Mystische Gipfelerfahrungen stellen sich ein, wenn du allein bist, wenn du absolut allein in deinem Inneren bist. Sannyas macht dich allein - nicht einsam - sondern allein; nicht verloren, sondern es schenkt dir ein »für sich sein«. Du kannst allein glücklich sein, du bist nicht mehr von anderen abhängig. Es ist nicht nötig, in einen Club zu gehen, nicht nötig, ständig Freunde um dich zu haben. Du kannst die Augen schließen und in innere Seligkeit fallen. Das ist es, was »meditative Lebensweise« bedeutet und nichts anderes.

8. Beziehung braucht Freiheit

Ihr könnt euch erst dann auf andere beziehen, wenn ihr gelernt habt, allein zu sein - niemals vorher. Nur zwei Freiheiten können sich nahe kommen und einander umarmen. Wenn ihr nicht fähig seid, allein zu sein, ist eure Beziehung unwahr, dann ist sie nur ein Trick, um eure Einsamkeit zu vermeiden, sonst nichts. Zwei Menschen also, von denen ihr sagt, sie seien verliebt ineinander, sind mehr oder weniger verhasst in sich selbst. Und wegen dieses Hasses sind sie auf der Flucht. Der andere gibt ihnen Fluchthilfe, und so werden sie abhängig voneinander, sie werden süchtig nacheinander.

Eben darum sage ich, die siebte Eigenschaft ist Alleinsein, und erst die achte ist Liebe, Beziehung. Genau das sind die beiden Möglichkeiten: Ihr könnt allein glücklich sein, und ihr könnt zusammen glücklich sein.

9. Bleibe fließend

Kein Ego, kein Verstand, niemand sein, nichts, eingestimmt auf das Ganze. Ekstase! Halleluja! Transzendenz ist die letzte - und höchste - Eigenschaft eines Sannyasins. Bleibt ohne scharfen Umriss, fliessend. Schafft niemals Starre um euch her, werdet nie definierbar.


Osho

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